Vatikanstadt. Papst Franziskus hat in einem Brief aus Anlass des tausendsten Kriegs-tages an die Leiden des ukrainischen Volkes erinnert. In seinem Schreiben an den Apostolischen Nuntius in der Ukraine, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, bekräftigt er erneut seine Nähe zum »geliebten und gemarterten« Volk des Landes und dankt dem päpstlichen Diplomaten dafür, an der Seite der Bevölkerung geblieben zu sein. Im Folgenden der Wortlaut des Schreibens:
Lieber Bruder,
durch diesen Brief, den ich an Dich richte, als meinen Vertreter in der geliebten und gemarterten Ukraine, möchte ich alle ihre Bürger umarmen, wo auch immer sie sich befinden.
Der Anlass dafür ist der tausendste Tag der großflächigen militärischen Aggression, die die Ukrainer erleiden. Ich weiß nur zu gut, dass kein menschliches Wort in der Lage ist, ihr Leben vor den täglichen Bombardierungen zu schützen, jene zu trösten, die um Tote weinen, die Verletzten zu heilen, die Kinder heimzubringen, die Gefangenen zu befreien, die rauen Auswirkungen des Winters zu mildern sowie Gerechtigkeit und Frieden wiederherzustellen. Und es ist dieses Wort – FRIEDEN –, das leider in der heutigen Welt vergessen zu sein scheint, das wir jedoch in den Familien, den Häusern und auf den Plätzen der lieben Ukraine erklingen hören möchten. Doch leider ist dies, zumindest vorerst, nicht der Fall.
Meine Worte sollen jedoch nicht bloße Worte sein, auch wenn sie voller Solidarität sind. Vielmehr sind sie, wie ich es seit Beginn der Invasion dieses Landes tue, ein eindringlicher Ruf zu Gott, der einzigen Quelle des Lebens, der Hoffnung und der Weisheit, dass er die Herzen verwandeln und sie fähig machen möge, Wege des Dialogs, der Versöhnung und der Eintracht einzuschlagen.
Ich weiß, dass die Ukrainer jeden Morgen um 9 Uhr mit einer »nationalen Schweige-minute« der zahlreichen Opfer des Konflikts gedenken – Kinder und Erwachsene, Zivilisten und Soldaten –, ebenso wie der Gefangenen, die sich oft in beklagenswerten Situationen befinden. Ich schließe mich ihnen an, um den Schrei zu verstärken, der zum Himmel steigt, woher die Hilfe kommt: »Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat« (Psalm 121).
Der Herr möge unsere Herzen trösten und die Hoffnung stärken, dass er – während er jede vergossene Träne sammelt und dafür Rechenschaft fordert – an unserer Seite bleibt, auch wenn menschliche Bemühungen vergeblich und die Taten unzureichend zu sein scheinen.
In der Zuversicht, dass Gott das letzte Wort über diese ungeheure Tragödie sprechen wird, segne ich das gesamte ukrainische Volk, angefangen bei den Bischöfen und Priestern, mit denen Du, lieber Bruder, während all dieser tausend Tage des Leidens an der Seite der Söhne und Töchter dieses Landes geblieben bist.
Aus dem Vatikan, 19. November 2024