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Zur Konferenz über die Aktualität der Weihnachtsrundfunkbotschaft von Pius XII.

Demokratie und Manipulation der Massen: Prophetische Worte eines Papstes im Jahr 1944

 Demokratie und Manipulation der Massen: Prophetische Worte eines Papstes im Jahr 1944  TED-051
20. Dezember 2024

Vor 80 Jahren, am 24. Dezember 1944, wandte sich Pius XII. in einer Weihnachtsansprache, in der er über das Thema der Demokratie nachdachte, über den Rundfunk an die Völker der ganzen Welt. Diese Ansprache war Gegenstand einer vom Komitee Papst Pacelli veranstalteten Konferenz unter Vorsitz von Kardinal Dominique Mamberti und mit nahmhaften Referenten, unter ihnen Luca Carboni vom Apostolischen Vatikanischen Archiv. Jene Radiobotschaft, verbreitet in einer noch von der Tragödie des Krieges erschütterten Welt, stellt die erste offizielle Anerkennung von Jacques Maritains christlichem Personalismus dar, angewandt auf die Politik und verbunden mit dem Postulat der zentralen Bedeutung von Verantwortlichkeit und Beteiligung jedes Bürgers an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten.

Der lehramtliche Text wurde als eine Art »Taufe« der Demokratie angesehen und enthält zahlreiche aktuelle Anregungen: vom Grundprinzip der Menschenwürde bis hin zur Einheit des gesamten Menschengeschlechts; vom unverrückbaren, entschiedenen »Nein« zum Angriffskrieg als rechtmäßiger Lösung von internationalen Streitigkeiten (Der Pacelli-Papst rief bei jenem Anlass aus: »Krieg dem Krieg!«) bis hin zum Wunsch der »Bildung eines Organs […], das den Frieden aufrecht erhalten soll«, und »durch gemeinsamen Beschluss mit einer höchsten Autorität ausgerüstet ist« (die Vereinten Nationen).

Zu den prophetischen Worten im Text von Pius XII., der sich der fatalen Folgen des Totalitarismus durchaus bewusst war, gehört die Unterscheidung zwischen dem Volk und den »Massen«: »Das Volk lebt und bewegt sich durch sein eigenes Leben; die Masse ist an sich untätig, sie kann nur von außen her bewegt werden. Die Masse […] wartet auf den Anstoß von außen, ist ein williges Spielzeug in den Händen desjenigen, der ihre Instinkte oder Gefühle ausnutzt; sie folgt bereitwillig heute dieser Fahne, morgen jener.« Der Papst merkt an, dass sich »selbst der Staat« der elementaren Gewalt der Masse bedienen kann, »wenn er sie geschickt leitet und benutzt«. Die manipulierte Masse werde so zum »Hauptfeind der wahren Demokratie und ihres Ideals von Freiheit und Gleichheit«.

Die Gefahr des manipulierten Konsenses ist in der Tat hochaktuell. Mehr als in der Vergangenheit scheint es heute manchmal so zu sein, dass nicht die besten Argumente und Programme den Ausschlag für politische Entscheidungen geben, sondern vielmehr Ressentiments, Groll und Instinkte.

Das Hauptziel besteht nicht mehr darin, die sozialen Bedingungen für alle zu verbessern, sondern vielmehr darin, die Gesellschaften wettbewerbsfähig zu machen, indem Reformen als notwendig dargestellt werden, um nicht »zurückzufallen«.

Anwendungen der Gentechnik, der Einsatz künstlicher Intelligenz, das Wettrüsten – um nur einige Beispiele zu nennen – erscheinen als strukturelle Notwendigkeit, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch wie Johannes Paul II. in der Enzyklika Centesimus annus feststellte: »Eine Demokratie ohne Werte verwandelt sich, wie die Geschichte beweist, leicht in einen offenen oder verdeckten Totalitarismus.«

Wie sollte man angesichts der heutigen Situation nicht an die Risiken denken, die mit der Manipulation von Informationen im Internet, mit Fake News, mit der Erstellung von Kundenprofilen individueller Konsumenten zu kommerziellen Zwecken verbunden sind? Wie sollte man nicht daran denken, dass das, was die Soziallehre der Kirche als »intermediäre Instanzen« definiert, immer weniger in der Bevölkerung verankert ist, das heißt Vereine, Parteien und alles, was von unten her entsteht, weil sich die Menschen organisieren, um den Bedürfnissen der Gesellschaft zu entsprechen? Für die Verwirklichung der Demokratie ist neben der Förderung des Einzelnen auch die Rolle der Gesellschaft von grundlegender Bedeutung, und deshalb sind Orte und Strukturen der Beteiligung und Mitverantwortung unverzichtbar. Es ist notwendig, zuzuhören, einen Dialog zu führen, sich auszutauschen. Es ist notwendig, die Augen zu öffnen, um zu verhindern, dass sich Demokratien in Oligarchien verwandeln, in denen die Macht von denen ausgeübt wird, die über ein immenses Kapital verfügen.

Bei der Verleihung des Karlspreises im Vatikan im Jahr 2016 zitierte Papst Franziskus einen aufschlussreichen Satz von Konrad Adenauer, einem der Gründerväter Europas: »Die Zukunft der abendländischen Menschheit [ist] durch nichts, aber auch durch gar nichts, durch keine politische Spannung so sehr gefährdet wie durch die Gefahr der Vermassung, der Uniformierung des Denkens und Fühlens, kurz, der gesamten Lebensauffassung und durch die Flucht aus der Verantwortung, aus der Sorge für sich selbst.«

(Orig. ital. in O.R. 10.12.2024)

Von Andrea Tornielli