»Wir arbeiten daran, Frauen mehr Raum und Macht zu geben«

 »Wir arbeiten daran, Frauen mehr Raum und Macht zu geben«  TED-044
31. Oktober 2024

Der Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Víctor Manuel Fernández, hat bei einer Begegnung mit Teilnehmern der Weltbischofssynode am Donnerstagnachmittag, 24. Oktober, erklärt: Die Tatsache, dass er die Entscheidung über den Diakonat von Frauen nicht für »reif« halte, bedeute nicht, dass er die Möglichkeit ausschließe.

Eineinhalb Stunden freier, geschwisterlicher und offener Dialog: Das Treffen ging auf die Initiative des Präfekten zurück. Zuvor hatte in der vergangenen Woche die Anwesenheit von zwei Mitarbeitern des Dikasteriums für die Glaubenslehre bei einem ersten Gesprächstermin für Unmut gesorgt, weil der Präfekt nicht persönlich daran teilgenommen hatte. Am Donnerstag nun war Kardinal Víctor Manuel Fernández bei der Begegnung mit etwa hundert Synodenteilnehmern (Mitgliedern, Gästen und Experten) anwesend, hörte ihre Fragen an, nahm Vorschläge entgegen und zog eine Bilanz der Arbeit der »Studiengruppe 5«, die sich im früheren Heiligen Offizium mit der Frage möglicher Ämter für Frauen befasst.

Im Einvernehmen mit dem Synodensekretariat und den Teilnehmern an der Sitzung, die vom Präfekten des Dikasteriums für Kommunikation, Paolo Ruffini, moderiert wurde, beschloss der Kardinal, die vollständige Audio-Aufzeichnung zu veröffentlichen – selbst wenn das eine Ausnahme von den Regeln der Synode bedeutet. Sein dementsprechender Vorschlag wurde von den Teilnehmenden mit Beifall bedacht; so ist das Audio also über Vatican News für alle zugänglich.

Die Arbeit des Dikasteriums

Zunächst führte Fernández aus, dass sein gesamtes Dikasterium daran arbeite, das Thema der Rolle der Frau zu vertiefen und neue Möglichkeiten für die ihnen zu übertragenden Dienste zu erkunden. Diese Aufgabe sei dem Dikasterium schon vor der Synode ausdrücklich übertragen worden. Er berichtete dann von der konkreten Vorgehensweise: Sie beginne mit der »Consulta«, das heißt mit dem Anhören der Vorschläge der großen Gruppe von Beraterinnen und Beratern, die in diesem Fall (durch das Einholen von Meinungen und das Anhören von Erfahrungen) weit über den offiziellen Beraterkreis des Dikasteriums hinaus erweitert worden sei. Zwei ordentliche Versammlungen der Kardinäle und Bischöfe des Dikasteriums haben bereits stattgefunden (eine sogenannte »Feria quarta«, weil sie traditionell mittwochs stattfindet). Die Arbeiten werden vom Sekretär der Lehrabteilung, Msgr. Armando Matteo, koordiniert.

Bereits gesammelte Erfahrungen

Fernández betonte, dass die Arbeitsweise synodal sei. Die Anwesenheit von Bischöfen und Kardinälen aus der ganzen Welt stelle sicher, dass die Arbeit der »Feria quarta« unterschiedliche Sensibilitäten und Kulturen berücksichtige. Er betonte auch, dass die Teilnehmer der Synode gebeten wurden, Beiträge und Vorschläge einzureichen und die bereits gemachten Erfahrungen zu berücksichtigen, bei denen Frauen Gemeinden leiten, zum Beispiel im Amazonasgebiet, aber auch in Afrika und Asien. Es sei wichtig, von der Realität auszugehen, das heißt die bereits gemachten Erfahrungen kennen und schätzen zu lernen, die der europäischen Theologie vielleicht unbekannt oder wenig bekannt seien. Es würden bald noch weitere Konsultationsschreiben an andere Personen und Institutionen geschickt.

Die Rolle anerkennen

Das Hauptaugenmerk der Studiengruppe, so erklärte der Kardinal, gelte der Rolle der Frau in der Kirche – also nicht speziell der Möglichkeit eines Diakonats von Frauen, an der eine Kommission unter dem Vorsitz von Kardinal Giuseppe Petrocchi noch arbeitet. Fernández betonte, dass Frauen gehört und wertgeschätzt werden wollten: Sie bäten darum, Autorität auszuüben und ihre Charismen und Fähigkeiten zu entwickeln, aber die meisten von ihnen bäten nicht um den Diakonat, das heißt sie bäten nicht darum, »klerikalisiert« zu werden. Die Arbeit des Dikas-teriums ziele daher auf »sehr konkrete« Schritte ab. In diesem Sinne sei es grundlegend, die Unterschiede zwischen Weiheämtern und Macht herauszuarbeiten, um Laien und damit auch Frauen Führungsaufgaben in der Kirche anvertrauen zu können: ein Weg, auf dem es einen bedeutenden Konsens geben könne. Der Präfekt fragte: Wenn sich herausstelle, dass Frauen in der Vergangenheit während der Eucharistiefeier gepredigt oder Macht ausgeübt hätten, ohne zum Diakon geweiht zu sein – sei das denn dann weniger wert?

Die Untersuchung geht weiter

Kardinal Fernández führte weiter aus, dass die von Kardinal Petrocchi geleitete Kommission ihre Arbeit zum Thema Diakonat noch konsequenter fortsetzen und die Vorschläge der Synodenversammlung und anderer Personen aus der ganzen Welt anhören werde: Vorschläge und Beiträge könnten über das Synodensekretariat eingereicht werden. Der Kardinal erinnerte auch an seine Rede in der Synodenaula, in der er die Position des Paps-tes zu diesem Thema zusammengefasst hatte, und betonte: Zu sagen, dass »eine Entscheidung über den Diakonat noch nicht reif ist«, bedeute nicht, dass Franziskus unter das Thema einen Schlussstrich ziehen wolle. Es bedeute vielmehr, dass er die Untersuchung fortsetzen wolle, da die Schlussfolgerungen aus der Arbeit der Kommission nicht eindeutig seien. Einige Historiker sagten, es habe in der Vergangenheit Fälle gegeben, in denen Frauen zu Diakoninnen geweiht wurden; andere Historiker hingegen deuteten dies eher als einen Segen und nicht als eine wirkliche Weihe.

Abschließend sagte der Präfekt des Dikas-teriums für die Glaubenslehre, er sei überzeugt, dass man mit klaren und konkreten Schritten zur Stärkung der Frauen in der Kirche vorankommen werde, angefangen mit der Unterscheidung zwischen dem, was untrennbar mit den heiligen Weihen verbunden sei, und dem, was nicht dazu gehöre. Und er versicherte, ein offenes Herz zu haben, »um zu sehen, wohin der Heilige Geist uns führt«.

(Vatican News)

Andrea Tornielli